Anwältin der Meere
Tiefseeforscherin Antje Boetius wird 2020 Mercator-Professorin
Von Ulrike Bohnsack
Sie hat Expeditionen in Arktis und Antarktis geleitet, ist Direktorin des renommierten Alfred-Wegener-Instituts und damit Chefin von 1.250 Beschäftigten. Sie engagiert sich für mehr Klima- und Naturschutz, privat und in verschiedenen Organisationen – von der Nationalakademie Leopoldina bis zu Scientists for Future. Wichtige Preise hat sie erhalten und weiß zu begeistern, wo immer sie spricht. Im kommenden Herbst auch an der UDE: Antje Boetius wird die nächste Mercator-Professorin.
„Der Klimawandel verändert schon unser Land wie auch die fernsten Regionen der Erde, die Tiefsee und Polargebiete“, sagt Boetius. „Uns bleibt noch ein kleines Zeitfenster für die Klimaziele.“ Die 52-Jährige plädiert für eine deutliche Verschärfung des Umweltschutzes, für eine CO2-Besteuerung und mahnt unser Konsumverhalten an. „Es kommt uns teurer, nicht in den Klimaschutz zu investieren. Doch leider fließen unsere Steuern und Anlagen derzeit weiterhin in umweltschädliche Technologien.“ Abgesehen von den wirtschaftlichen Kosten durch Unwetter und Hitze gingen auch Naturräume und Artenvielfalt verloren.
Mercator-Professur
Die Vortragstermine (im Gegensatz zu den Themen) stehen bereits fest: Es sind der 12. November sowie der 10. Dezember. Anmelden kann man sich voraussichtlich erst nach dem Sommer. Es lohnt also, folgende Seite im Auge zu behalten:
Die Mercator-Professur wurde 1997 eingerichtet, um das wissenschaftliche Erbe des berühmten Duisburger Kartographen und Universalgelehrten Gerhard Mercator aus dem 16. Jahrhundert wachzuhalten. Eine Mercator-Professur hatten bislang unter anderen inne: Joachim Gauck, Richard von Weizsäcker, Hans-Dietrich Genscher, Margarethe von Trotta, Peter Scholl-Latour, Alfred Grosser, Götz W. Werner, Alice Schwarzer, Jutta Limbach und Kardinal Karl Lehmann.
Wie bedroht die Natur ist, hat die Professorin für Geomikrobiologie selbst erfahren können auf ihren knapp 50 Expeditionen, darunter waren etliche Polarreisen. „Das Meereis schmilzt, schneller als die Modelle vorhersagen, es gibt Plastikmüll in der Tiefsee – dort, wo noch kein Mensch war. Dafür braucht es Lösungen.“ Sie ist dennoch optimistisch, „dass Forschung, Engagement und gesellschaftlicher Dialog uns auf den richtigen Pfad bringen“. Derzeit arbeitet sie mit Wissenschaftler*innen und Künstler*innen zur Beziehung zwischen Mensch und Natur.
Antje Boetius ist studierte Biologin; international bekannt wurde sie, als sie im Jahr 2000 Methan-fressende Mikroorganismen am Meeresboden entdeckte, die wichtig für das Erdklima sind. Ihre Karriere ist eng mit diesen drei Einrichtungen verbunden: dem Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, wo sie die Forschungsgruppe ‚Tiefseeökologie‘ leitet, dem Exzellenzcluster MARUM an der Universität Bremen, dessen Vizedirektorin sie war, und dem Alfred Wegener Institut (AWI), Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven. Dies führt sie seit 2017.
Zahlreiche Auszeichnungen hat die Tiefseeforscherin für ihre wissenschaftliche Arbeit und ihr politisches Engagement erhalten, u.a. den Leibniz-Preis und den Communicator Preis der DFG, den Deutschen Umweltpreis sowie das Bundesverdienstkreuz. Bundespräsident Steinmeier lobte ihre Hartnäckigkeit für den Klimaschutz, er sagte außerdem: „Sie besitzen die wunderbare Gabe, Ihre Forschung so zu erklären, dass Laien sie verstehen können.“
Auf Antje Boetius darf man sich freuen.
Foto: Alfred-Wegener-Institut/Martin Schiller