Gemütlich
Die Deutschen sind witzig, findet Dakeishla Diaz-Morales.
Laut, hektisch, betonwüstig. Echt geschockt war Dakeishla Diaz-Morales, als sie vor fünf Jahren nach Essen kam. Da, wo sie herkommt, gibt’s nicht mal eine Ampel. „Sehr grün, sehr ruhig und – warm (!)“ ist Orocovis im Zentrum Puerto Ricos. Dennoch hat die fröhliche 27-Jährige aus der Karibik nicht lange gebraucht, um sich in Deutschland wohl zu fühlen. Was an vielem liege, sagt sie, allen voran an den Menschen hier, der Lebensweise und ihrer eigenen Arbeit.
Umwelttoxikologin ist Diaz-Morales, die UDE war ihre Wunsch-Uni, weil „die Aquatische Ökologie in Bereichen forscht, die mich am meisten begeistern, nämlich Umweltwissenschaft und Parasitologie.“ Hier hat sie ihren Master gemacht, jetzt promoviert sie über winzige Schmarotzer.
„Anfangs klang es für mich so, als ob die Deutschen ständig wütend wären.“
Sie mag das harmonische Arbeiten mit den Kolleg*innen, die Abwechslung, im Labor zu experimentieren und in der Natur zu forschen – was in ihrem Fall heißt: an der Ostseeküste und am Mittelmeer Schnecken und kleine Krustentiere aufspüren, die Wirte der Parasiten sind. „Diese Kombination zwischen drinnen und draußen ist perfekt. In Puerto Rico hab ich viel getaucht, um den Zustand von Korallenriffen und Seegras zu beurteilen. Aber das jetzt ist spannender.“
Lange hat sie in Essen in WGs gewohnt, dabei engste Freunde gefunden. Spieleabende sind ihre Leidenschaft geworden, Deutsch eher nicht.
Die Sprache findet Diaz-Morales nicht einfach, auch wenn vieles ulkig sei. „Anfangs klang es für mich so, als ob die Deutschen ständig wütend wären.“ Sie mag Wortkombinationen und Worte wie genau, gemütlich oder ach so!.
Wie sie die Deutschen sieht? Pedantisch? Nun, sie hielten sich wirklich gerne an Regeln. Humorlos und langweilig? Auf keinen Fall, widerspricht die Doktorandin energisch. Interessant und witzig seien sie, liebten gesundes Leben, Reisen, ihre Hobbys. Und backen! „Die Leute hier sind verrückt danach. In Puerto Rico kauft man Fertigkuchen im Supermarkt. Also hab ich das auch so gemacht, als ich zum Geburtstag einer Freundin eingeladen war. Sie war so enttäuscht. Seitdem backe ich selbst!“
Anderthalb Jahre – mindestens – wird Dakeishla Diaz-Morales noch hier bleiben. Mit der stressigen Stadt ist sie versöhnt. Sie kennt Essens grüne Ecken, immer ist was los. „Mehr Radwege wären aber schön!“ Dann würde vielleicht auch der Verkehr eher wie eines ihrer Lieblingsworte: gemütlich.
Bild: privat